Natamycin in Käse und Wurst – Medikament als Zusatzstoff

Haben Sie zu Silvester oder Weihnachten auch Raclette gegessen? Wichtigste Zutat ist dabei natürlich der Käse. Gerade Raclette-Scheiben, aber auch viele andere Käsesorten sind häufig mit Natamycin behandelt.

Was ist Natamycin?

Natamycin ist ein Antipilzmittel (Antimykotikum), das aus einem Bakterium gewonnen wird. Der Wirkstoff wird. z.B. gegen Fußpilz, Vaginalpilz und gegen Pilzinfektionen in den Augen oder im Mundraum verwendet, ist also auch ein Medikament.

Gleichzeitig ist es mit der E-Nummer E235 auch ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff für Käserinde und Wursthüllen. Damit wird insbesondere das Wachstum von Schimmelpilzen und Hefen verhindert.

Risiken und Risikobewertung

Natamycin wird vom Körper praktisch nicht aufgenommen (resorbiert) und ist insofern erstmal ungefährlich. Allerdings tummeln sich auch in unserem Körper neben diversen nützlichen Bakterien auch Pilze. Nicht alle sind schädlich, sondern viele in der richtigen Kombination ein möglicherweise wichtiger Teil unseres Verdauungsapparates. Genau wie mit einem Antibiotikum, dass Bakterien abtötet, besteht bei Natamycin folglich die Gefahr, dass man das Gleichgewicht der Mikroorganismen im Verdauungsapparat stört. Allerdings machen Pilze nur einen kleinen Teil der Darmflora aus.

Mindestens genauso wichtig ist aber, dass schädliche Pilze durch den Verzehr kleinerer Mengen Natamycin mit der Nahrung resistent werden könnten. Auch diese Problematik kennt man von Antibiotika. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sieht dieses Risiko allerdings gestützt auf wissenschaftliche Untersuchungen als gering an.

Das Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung ist an dieser Stelle bei gleicher Datenlage vorsichtiger und empfiehlt weiterhin das Entfernen der Rinde und ist gegen eine Ausweitung des Einsatzes als Lebensmittelzusatzstoff.

Anwendung und Grenzwert

Zum Glück gilt die Zusatzstoffzulassung nicht unbegrenzt, sondern in der EU nur für die Oberflächenbehandlung von Hartkäse, Schnittkäse und halbfestem Käse, sowie für getrocknete und gepökelte Würste. In einer Tiefe von 0,5 cm darf kein Natamycin mehr nachweisbar sein. Wenn man also Käse mit Natamycin kauft, sollte man die Rinde entsprechend abschneiden – dabei können schon mal rund 10 % des Käses verloren gehen. Bei Wurst ist das eher schwierig, da bliebe kaum etwas übrig.

Maximal dürfen 1 mg/dm2 Natamycin verwendet werden. Eine unmittelbar spürbare Auswirkung auf die menschliche Gesundheit dürfte damit auch bei größerem Käsekonsum ausgeschlossen sein. Lutschtabletten (Pimafucin) zur Behandlung von Pilzerkrankungen im Mundraum enthalten z.B. 10 mg/Tablette.

Kennzeichnung

Natamycin muss nur dann gekennzeichnet werden, wenn es unmittelbar auf das Produkt aufgetragen wird. Bei einer Wursthülle aus Kunststoff oder einem Käseüberzug aus Wachs kann also Natamycin verwendet werden, ohne dass es gekennzeichnet werden muss.

Ansonsten ist auf Fertigpackungen „Konservierungsstoff Natamycin“ oder Konservierungsstoff E 235″ zu kennzeichnen. Unverpackter Käse (an der Theke) muss lediglich einen Hinweis auf die Konservierung, nicht aber auf den konkreten Zusatzstoff haben.

Ob Natamycin in einem Käseüberzug aus Wachs, Paraffin oder Kunststoff enthalten ist, muss zwar nicht deklariert werden, dann ist aber der Hinweis „Kunststoffüberzug nicht zum Verzehr geeignet“ Pflicht und der Überzug wird mit dem eventuellen Natamycin entfernt.

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